MAMMA ANTE PORTAS (Komödie) Sie ist gekommen, um zu bleiben Kinostart: 25.5. 2023

In seiner neuen Komödie MAMMA ANTE PORTAS greift der Regisseur Éric Lavaine zurück auf seinen Erfolgsfilm WILLKOMMEN IM HOTEL MAMA (2016). Diesmal ist es genau umgekehrt: Nicht die jüngste Tochter zieht zurück zu Mama, sondern Mama steht in Frankreichs Süden bei ihrer älterenTochter Carole vor der Tür.

Jaqueline (Josiane Balasko) lässt gerade ihre Wohnung renovieren. Eigentlich wollte sie mit ihrem Nachbarn und Liebhaber Jean (Didier Flamand) zusammenziehen aber der Umbau ihrer Wohnung kommt nicht voran , kaum eine Wand bleibt verschont und Jean will sich nicht von liebgewordenen Dingen trennen, also bläst er den Umzug einfach ab. Jaquelineflieht aus der unbewohnbaren Wohnung. Sie will bei ihrem Sohn Nicolas (Philippe Lefebvre ) unterkommen, der wimmelt sie ab, denn er hat ein Problem: Seine Frau hat ihn verlassen. Nun bleibt ihr nichts anderes übrig, als für ein paar Tage bei ihrer ältesten Tochter Carole (Mathilde Seigner) unterzukommen.

Doch Tochter und Schwiegersohn Alain (Jérome Commandeur) machen gerade eine Paartherapie, 70 Euro pro Person, es soll so Einiges geändert werden. Jaqueline nutzt einen Bootsausflug mit ihrer Tochter und erzählt ihr, dass es mit Jean vorbei ist und sie ausziehen will, da auch der Umbau ihrer Wohnung nicht voran geht, erwähnt sie ersteinmal nicht. Carole ist auch nicht gerade begeistert. Der Therapeut hat ihnen vorgeschlagen, doch wieder intimer miteinander zu werden. Eigentlich wollten ihr Mann und Sie einen romantischen Abend miteinander verbringen. Doch letztendlich macht Carole das Gästezimmer für Maman fertig. Es liegt neben ihrem Schlafzimmer. Maman beschwört, dass sie nur ein paar Tage bleibt. Aus einigen Tagen, werden Wochen, denn dass der „polnische“ Handwerker nicht vorankommt, hat sie der Tochter verschwiegen. Maman fühlt sich bei der Tochter wie Zuhause. Sie kümmert sich ums Abendessen, nimmt den Fernseher in Beschlag, räumt die Küche nach ihren Vorstellungen um und nervt die Tochter, die in einem Meeting ist am Telefon, weil der Fernseher nicht geht und sie ihre Lieblingsserie nicht sehen kann. Nebenbei erzählt sie ihrem Schwiegersohn von ihren Partnertauschabenden. Natürlich bleibt es nicht aus, dass es zu frivolen Missverständnissen kommt. Häusliche Konflikte, hin-oder her. Auch eine Überrachungsreise die Alain für Carole und sich gebucht hat, wurde von Maman vermasselt.

Eric Lavaines leichtgewichtige Boulevardkomödie lebt von dem resoluten Spiel der alten Dame Josiane Balaskos, die sich dreist nimmt, was ihr ihrer Meinung nach zusteht. Am Weihnachtsabend ist sogar ihre Mutter und Urgroßmutter zu Gast, gespielt von der über neunzigjährigen Line Renaud von der sie lernt, dass alles den richtigen Abstand haben muss. Dass ihre Kinder Strohhalme gezogen haben, um auszulosen, wer sie bei sich aufnimmt, ahnt Maman ersteinmal nichts. Eine leichte Sommerkomödie, für warme Temperaturen genau das Richtige.

OT: Un tour chez ma fille; Frankreich 2021; 89 Min.; R: Èric Lavaine D: Josiane Balasko, Mathilde Seigner, Jérome Commandeur und Line Renaud.

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PEARL (Horror – Drama) Kinostart: 1.6. 2023

1918, am Ende des ersten Weltkriegs, in einem texanischen Kaff, in einem Bauernhaus lebt Pearl mit ihrer strengen, religiösen deutschen Mutter Ruth und ihrem Vater (Matthew Sunderland), der bewegungsunfähig ist und obendrein stumm. Sie hilft der Mutter (Tandi Wright) bei seiner Pflege, tänzelt im Haus herum, singt den Tieren im Stall etwas vor und manchmal wird ein Tier auch von ihr gequält. Ihr großer Traum ist es, ein Star zu werden und auf einer Bühne zu tanzen, am liebsten in Hollywood. Die ultrakonservative Mutter missbilligt ihren Wunsch. Um dem langweiligen Leben im Dorf zu entkommen, fährt sie in die Stadt, um ins Kino zu gehen. Sie schliesst Bekanntschaft mit einem Filmvoführer (David Corenswet) der ihr einen anzüglichen Film vorführt und verlauten lässt, dass er so einen auch gerne mit ihr drehen würde.

Die Bekanntschaft hat sich Pearl (Mia Goth) anders vorgestellt. Sie ist überzeugt, dass ihr etwas weitaus Besseres zusteht und ihr eines Tages die Welt zu Füssen liegt und jeder ihren Namen kennt.

Als ihr ihre Schwägerin Mitsy (Emma Jenkins -Purro) erzählt, dass ein Casting stattfindet, bei dem man begabte Tänzerinnen sucht, schmeisst sich Pearl in Schale und sieht ihre große Chance gekommen. Doch ihr Traum zerplatzt und Pearl zeigt ihre blutrünstige Seite, gern bewaffnet mit einer Mistgabel und Axt. Sie wünscht jedem den Tod, der ihrer Traumerfüllung im Weg steht. Heute nennt man ihr Verhalten: Borderlinesyndrom.

Das Setting ist großartig, man hat wirklich das Gefühl in einer Zeit vor hundert Jahren zu sein und der Score ist minimalistisch.

Mia Goth spielt sich beeindruckend und fesselnd durch sämtliche Facetten, die ihre Rolle von ihr abverlangen. Eine Mischung aus „Der Zauberer von Oz“ und „Psycho“.

Das Prequel zu „X“ von Regisseur Ti West, erzählt in bunten Farben, die Entwicklung der jungen, enttäuschten Pearl zu einer unberechenbaren Mörderin.

USA 2022; 103 Min.; R: Ti West; D: Mia Goth, David Corenswet, Tandi Wright, Matthew Sunderland, Emma Jenkins Purro, Alistair Sewell, Amelia Reid.

ORPHEA IN LOVE ( Eine Liebeserklärung an die Oper, von Regisseur Axel Ranisch) Kinostart: 1. Juni 2023 und Premiere um 20:30 im Kant Kino in Anwesenheit des Regisseurs Axel Ranisch, des Cast sowie des Filmteams. Der Abend wird von Knut Elstermann moderiert. (Kantstraße 54)

Nele (Mirjam Mesak) hat klassischen Gesang studiert, arbeitet vorübergehend in einem Callcenter und abends in der Staatsoper an der Garderobe. Ausgerechnet an ihrem Geburtstag wird sie bei einem privaten Telefonat erwischt. Ihre Vorgesetzte redet in einer Fantasiesprache auf sie ein. Ein junger Kollege gegenüber fängt an zu singen. Nele und alle Beschäftigten stimmen mit ein. Es entsteht eine Gesangs- und klassische Operszenerie mit Chor und Tanz. Hauptakteure Nele und der junge Kollege.

Danach ist alles wieder wie vorher. Der Gesang verzaubert ihren Alltag, besonders dann, wenn es schwierig wird. Aus der Tristesse des Alltags flüchtet sie in ihre geliebte Welt der Oper. Meistens dienen in Kinofilmen Popsongs oder Schlager oder extra komponierte Filmmusik als Untermalung. Hier, in ORPHELIA IN LOVE von Axel Ranisch, sind es anspruchsvolle Opernarien und interessante Tanzchoreographien. Ein Spielfilm, mit mehr als einem Hauch von Oper. Es gibt Tanzeinlagen und Musik aus 4 Jahrhunderten Operngeschichte, verwoben mit Mythologie.

Nele lebt in einer Wohngemeinschaft. Aufgeregt packt sie das Geburtstagspaket ihres Freundes aus Estland aus. Sie weint und träumt sich ans Meer. Hauptfigur Nele wird von der brillianten estnischen Sopranistin Mirjam Mesak verkörpert.

Ein junger Bettler tanzt vor Nele auf der Straße. Vorgeschickt wird er von einer älteren Frau (Ursula Werner) mit einem Stock. Seine Verrenkungen wirken bedrohlich.

Die Alte mit dem Stock und der junge Bettler Kolya (Guido Badalamenti, Mitglied der Ballettkompagnie des Münchner Gärtnerplatztheaters) tauchen immer wieder auf.

Nele bemerkt, dass Kolya ihr das Portemonnaie gestohlen hat, als er um sie herum tänzelte. Sie ist ihm nicht böse, denn er hat es ihr zurückgegeben. Im Gegenteil, sie hat sich in den kleinkriminellen Straßentänzer verliebt. Ihr Kennenlernen führt bei beiden zu einer schicksalhaften Begegnung. Sie nähern sich mittels einer Symbiose aus Tanz und Gesang einander an, zwei Seelen treffen aufeinander, die zueinander gehören.

Nele trägt ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit mit sich herum, welches Albträume bei ihr auslöst und Kolya wird auch noch ein Opfer eines Autounfalls.Seinen Tod hat Nele unglücklicherweise mitverursacht. In ORPHEA sind die Geschlechterrollen umgekehrt. Orphea ist die Sängerin, Eurydico der verlorene Geliebte, den Nele aus der Unterwelt befreien muss. Sie steigt herab in die Unterwelt. Um Kolya zu retten, soll Nele ihre Stimme dem Talentagenten Höllbach opfern, der in der Staatsoper auf ihre Stimme aufmerksam wurde. Stimme oder Liebe. Eine schwere Entscheidung kommt da auf Nele zu.

Auch wenn Ranisch in seiner Begeisterung seinen Film etwas überladen hat, harmonieren Musik, Gesang und Tanz wunderbar miteinander und man erlebt wunderbare filmische Momente. Hinzu kommt, dass Mirjam Mesak nicht nur eine begnadete Sängerin ist, sondern auch eine talentierte Schauspielerin. Sein Film: Eine Liebeserklärung an die Oper.

Deutschland 2022; 107 Min.; R: Axel Ranisch; D: Mirjam Mesak, Guido Badalamenti, Ursula Werner, Ursina Ladi, Tim Oliver Schultz, Hardy Schwetter, Christina Große

ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHEED (Übersetzter Titel: ALL DIE SCHÖNHEIT UND DAS BLUTVERGIESSEN) Doku, die Künstlerin Nan Goldin nimmt den Kampf gegen eine kriminell handelnde Pharmaindustrie auf. Kinostart: 25.5.2023

Nan Goldin ist eine der berühmtesten Fotografin auf dieser Welt, eine Ikone der queeren Fotografie in den USA. Gleichzeitig ist sie auch eine mutige Aktivistin.

ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED, (Deutscher Titel: „ALL DIE SCHÖNHEIT UND DAS BLUTVERGIESSEN“) ist eine Doku der Regisseurin Laura Poitras, die den mutigen Kampf Nan Goldins gegen die Hersteller eines süchtigmachenden Opioids schildert, die in Venedig 2022 mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Auch Nan Goldin wurde abhängig von diesem Schmerzmittel mit dem Namen: Oxy-Contin, dem über eine halbe Million Amerikaner:innen zum Opfer fielen. Hersteller, ist die milliardenschwere Pharmadynastie Sackler, die mit dem Mittel ein Riesenvermögen verdient hat und zu den größten Kunstmäzenen der Welt gehört. Eine Tatsache, die Nan Goldin unbedingt bekämpfen will. Sie gründet das P.A.I.N – Kollektiv und sagt der Pharmakonzernfamilie Sackler, sowie den Museen Guggenheim, der Tate Gallery oder dem Louvre den Kampf an. Sie und ihre Mitstreiter wollen mit aller Macht, dass der Name des Sackler-Clans aus den berühmten Kunstgalerien verschwindet. Auch das Museum of Modern Art ist ein Tempel des Geldes. Irgendwie ähneln sich die Kunstszene und Pharmaindustrie, bei beiden geht es oftmals um viel Geld und kriminelle Hintergründe. Im Metropolitan-Museum gibt es den sogenannten Sackler Flügel. Eigentlich gehören die Hersteller dieses Drogenmittels ins Gefängnis. Schließlich haben sie hunderttausende Tote auf dem Gewissen. Sich mit ihrem Namen zu schmücken ist ein Skandal für sich. 25 Museen wurden von den Sacklers unterstützt.

Oscar-Gewinnerin Laura Poitras („Citizenfour“, eine Doku über den Whistle-Blower Edward Snowden) hat ein vielschichtiges Bild dieser beindruckenden Künstlerin, die eine erschütternde Familiegeschichte hinter sich hat und sich mit allen Mitteln für die einsetzt, die zu den sogenannten Aussenseitern gehören, wie die Stigmatisierung von Aidskranken und Drogenopfern. Poitras lässt Nan Goldin viel Spielraum in ihrer Reflektion über ihr Leben und ihre Jahre in Berlin, wo sie 2022 den Käthe-Kollwitz-Preis der Berliner Akademieder Künste gewann. Entstanden ist ein spannendes Portrait über eine kraftvolle Person, die trotz eigenen, schmerzenden Erfahrungen, mit ihrer Fotografie diejenigen sichtbar macht, die am Rande der Gesellschaft stehen. Eine wahre Heldin der Subkultur. Man wünscht sich mehr von solchen Menschen.

USA 2022; 117 Min.; R: LauraPoitras; D: Nan Goldin, Megan Kapler, Patrick Radden Keefe, David Velasco

UND DANN KAM DAD (Komödie, Robert De Niro als peinlicher Vater , der seinem Sohn einen Heiratsantrag vermasseln kann) Kinostart: 25.5.2023

Komödien zu besprechen ist gar nicht so einfach. Was der eine lustig findet, kann dem anderen nur ein gequältes Lächeln hervorlocken und umgekeht.Auch der berühmte Satz: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, hört sich mehr nach Trost an.

DeNiros neuer Film UND DANN KAM DAD, erinnert sofort an die zweiteilige Komödie“Meine Braut, ihr Vater und ich“, am Anfang der 2000er mit Robert De Niro und Ben Stiller in den Hauptrollen.

Sebastian (Sebastian Maniscalco) ist verliebt und wird zum ersten Mal bei der reichen Familie seiner Freundin eingeladen. Er will den Besuch nutzen, um seiner Ellie (Leslie Bibb) einen Heiratsantrag machen. Als Ellie ihm vorschlägt, seinen Vater Salvo (Robert DeNiro) mitzubringen, ist er absolut nicht begeistert und rechnet mit einer Peinlichkeit nach der anderen. Ellie lässt aber nicht locker und sein Dad, ein italienischer Einwanderer, dem ein Friseursalon gehört, hat mit dem Lifestyle reicher Leute nichts am Hut und so kann es durchaus sein, dass es zu Mißverständnissen und zu italienischen Flüchen kommt, die sein Vater so liebt und sich die elitäre Famile, samt Ellie, von ihm abwendet. Denn nichts ist wichtiger für Sebastian, als bei der stinkreichen Familie Collins und das ausgerechnet am 4.Juli, einem Feiertag auf den die Amis nichts kommen lassen, einen guten Eindruck zu machen. Für Sebastian entsteht eine anstrengende Zitterpartie, denn sein Vater ist obendrein auch noch sehr geizig.

Die Idee zu diesem Culture Clash stammt vom Co-Autor und Hauptdarsteller Sebastian Maniscalco, der seine eigenen Erfahrungen in diesem Drehbuch verarbeitet hat, die so einige Jahre zurückliegen, so scheint es zumindestens, denn die Klischees und die Witze, die hier zum Tragen kommen sind ziemlich altmodisch und absolut nicht neu und bleiben recht familienfreundlich.

Letztendlich ist „Und dann kam Dad“ eine vorhersehbare Klamotte, mit unbeabsichtigter, heruntergelassener Hose, den zwei Söhnen der Hotelbesitzer-Familie, der eine ein verweichtlicher Naturliebhaber, der andere ein kokain-schnupfender Helicopter- Pilot. Der Regisseurin Laura Terruso ist es nicht gelungen, das Ganze zu modernisieren. Auch ein DeNiro kann die müden Gags durch seine Anwesenheit nicht verbessern. Als Mutter, tritt Kim Catrall auf und sorgt für eine Wiedersehensfreude, auf jeden Fall bei ihren Fans. Man kann es ruhig vorwegnehmen: Das Ende ist sehr familienfreundlich und harmonisch anzuschauen , am besten in einem Freilichtkino, mit einem Glas gekühlten Weisswein, an einem lauen Sommerabend.

OT: ABOUT MY FATHER; USA 2022; 89 Min.; R: Laura Terruso; D: Sebastian Maniscalco, Robert De Niro, Leslie Bibb, Kim Cattrall, David Rasche, Anders Hol.

SPARTA. EINE STELLUNGNAHME VON ULRICH SEIDL


Das deutsche Wochenmagazin DER SPIEGEL hat in seiner jüngsten Ausgabe schwere Vorwürfe gegen mich, meine Arbeitsweise und meinen Spielfilm SPARTA veröffentlicht. In dem am 2. September publizierten Text werden unzutreffende Darstellungen, Gerüchte oder aus dem Kontext gerissene Vorkommnisse am Set von SPARTA zu einem in keiner Weise den Tatsachen entsprechenden Zerrbild montiert; grundsätzlich werden, ohne dass die Reporter*innen näher auf den Film selbst eingehen, meine Arbeitsweise diffamiert und mir Intentionen unterstellt, die weiter weg von der Wirklichkeit gar nicht sein könnten. Das kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen.

Basierend auf wahren Begebenheiten erzählt der Film von dem Österreicher Ewald, der vor einigen Jahren nach Rumänien gezogen ist. In seinen Vierzigern sucht er einen Neuanfang, verlässt seine Freundin und zieht ins Hinterland. Mit den Kindern und Jugendlichen aus der Gegend gestaltet er eine verlassene Schule in eine Festung um. Die Buben genießen eine unbeschwerte Existenz mit Sport und Spiel. Allerdings muss Ewald sich einer Wahrheit stellen, die er lange verdrängt hat. Weder die Kinder noch die Außenwelt, die ihn umgibt, weiß etwas davon. Denn innerlich und insgeheim kämpft er gegen seine pädophile Neigung an.

Immer schon versuche ich in meiner Arbeit, das Widersprüchliche in unserem Handeln und Denken als Essenz des Menschseins zu ergründen. Mir ist bewusst, dass meine künstlerische Weltsicht, und wie ich sie in meinen Filmen ausdrücke, nicht zuletzt in krassem Gegensatz steht zu einem gegenwärtigen Zeitgeist, der ein verkürztes, vielfach kontextloses „Entweder – Oder“ verlangt, wo ein „Sowohl – Als auch“ die menschliche Erfahrung deutlich besser beschreibt.

In allen meinen Filmen, in meinem gesamten künstlerischen Werk verlange ich nach Empathie für die Angeschlagenen und Abgestürzten, für die Abgedrängten und Geächteten: Ich stelle sie nicht an den (moralischen) Pranger, sondern fordere dazu auf, sie als komplexe und auch widersprüchliche Menschen wahrzunehmen. 

Die daraus sich ergebenden Ambivalenzen zwischen Fürsorge und Missbrauch zu erkennen und zu beschreiben, hinzuschauen, anstatt weg zu sehen und sie damit auszublenden – darin sehe ich eine wesentliche Verantwortung – als Künstler und als Mensch. Meine Filme entstehen nicht, indem ich – wie der Artikel im SPIEGEL nahelegt – Darsteller*innen manipuliere, falsch informiere oder gar missbrauche. Im Gegenteil: Ohne das Vertrauensverhältnis, das wir über Wochen und Monate aufbauen, wären die langen Drehzeiträume meiner Filme gar nicht denkbar. Ich habe größten Respekt vor allen Darsteller*innen und niemals würde ich Entscheidungen treffen, die ihr körperliches und seelisches  Wohlbefinden in irgendeiner Art und Weise gefährden. 

Im Fall von SPARTA erstreckten sich die Dreharbeiten über mehr als ein Jahr. Hätten die Eltern, wie der SPIEGEL behauptet, Einwände gegen die Drehabläufe oder die Art, wie wir mit ihren Kindern umgegangen sind, gehabt, oder hätten sich die Kinder mit uns nicht wohl gefühlt, wären sie wohl nicht über diesen langen Zeitraum in den Etappen eines Winter- und Sommerdrehs dabei geblieben. Wie alle anderen Darsteller wurden selbstverständlich auch die Kinder und Jugendliche von mir niemals gedrängt, vor der Kamera Dinge zu tun, die sie nicht tun wollten. 

Die jugendlichen Darsteller*innen waren durchgehend betreut. Neben dem Set gab es Ruhe- und Spielräume, wie wir das auch schon bei früheren Filmen ähnlich organisiert haben. Dort verbrachten sie die Zeit zwischen den Drehs, begleitet von pädagogisch geschultem Personal.

Anders als im SPIEGEL behauptet, habe ich auch in vielen Einzelgesprächen gemeinsam mit einer Übersetzerin die Eltern vor den Dreharbeiten über alle wesentlichen Inhalte des Films unterrichtet. Dazu gehört auch die Ambivalenz der österreichischen Hauptfigur Ewald und sein Verhältnis zu Kindern.  

Auch frage ich mich welchen Inhalt von SPARTA die SPIEGEL-Reporter*innen zu kennen meinen und den Eltern erzählt haben? Sie haben bei uns nicht um das von mir und Veronika Franz verfasste Drehbuch angefragt, welches sich ohnehin in der Zusammenarbeit mit den Darstellern während des Drehs stetig verändert und als Leitfaden zur Improvisation zu verstehen ist. Sie haben auch nicht um eine Sichtung des Films gebeten. 

Es kann sich also nur um Teilinformationen handeln, mit denen die rumänischen Eltern vom SPIEGEL konfrontiert wurden. Wurde ihnen Angst gemacht, der Film könnte pädophile Sexszenen beinhalten? Das tut er nicht. Es ist kein Kind nackt oder in einer sexualisierten Situation, Pose oder Kontext gedreht worden. Solche Szenen waren niemals meine Intention und wurden auch nicht gedreht. Nie haben wir beim Dreh die Grenzen des ethisch und moralisch Gebotenen überschritten. 

Einige Tage nach Drehschluss im Sommer 2019 habe ich alle Kinder und deren Eltern zuhause besucht, um mich für ihre Beteiligung am Film zu bedanken. Niemand hat eine Beschwerde, ein Unbehagen oder einen Vorwurf geäußert. Ich wünsche mir, dass SPARTA, wenn der Film erst einmal im Kino ist, diese von Außen und erst im Zuge der Berichterstattung entstandenen Vorbehalte ausräumen kann.   

Ulrich Seidl

SPARTA (Ein Drama von Ulrich Seidl) Kinostart: 18.5. 2023

Der Film beginnt mit den Bewohnern eines Altenheims, die nebeneinander in einer Reihe sitzen und mehr oder weniger laut singen“ „So ein Tag, so wunderschön wie heute, so ein Tag, der dürfte nie vergehn“. So beginnt auch Ulrich Seidls Film „Rimini“ (2022) über den Schlagersänger Richi Bravo, bei seinem Überlebenskampf in einem tristen Urlaubsort. „Rimini“ und „Sparta“ sollten ursprünglich unter dem Titel „Böse Spiele“ein Film über zwei Brüder werden, ein sogenanntes filmisches Diptychon.

Ewald (Georg Friedrich) und sein Vater Ekkehart (Hans-Michael Rehberg, in seiner letzten Rolle), der auch im Drama Rimini dabei war, lebt in einem Altenheim, ist ziemlich verwirrt, sein Zustand ist erbärmlich. Das zeigen schon die Zettel an der Wand in seinem Zimmer, wie „Ekkehart du bist im Haus Waldesruh in Rumänien oder Ekkehart vergiss das Trinken nicht.“ Sein Sohn Ewald kümmert sich liebevoll um ihn aber kann ihm auch nicht helfen. Er ist einfach nur da. Beruflich kontrolliert er Kraftwerke in Rumänien. Der Mitvierziger kommt jedoch mit sich selbst nicht ganz klar. Er verlässt seine Freundin, weil der Sex mit ihr nicht mehr klappt und er seine pädophilen Neigungen immer stärker spürt. Als er unterwegs ist und eine Horde Jungen bei einer Schneeballschlacht sieht, steigt er aus dem Auto und macht mit. Die Jungen sind nicht verwundert.

Berührend ist der Moment, als Ewald zurück zum Auto geht und in Tränen ausbricht. Man spürt, was für Ängste dieses Verlangen bei ihm auslöst und er den Kampf mit sich austrägt, ja nicht übergriffig zu werden. Er kommt auf die Idee im rumänischen Hinterland eine verlassene, heruntergekommene Schule zu kaufen, um den Dorfjungen kostenlosen Judo-Unterricht zu geben. Doch vorher helfen alle die Räumlichkeiten einigermassen in Stand zu setzen. Den Kindern macht es Spass, denn sie kommen aus ziemlich ärmlichen Verhältnissen. Unbeschwert geniessen sie die sportlichen Balgereien und Kämpfe mit Holzschwertern und freuen sich, dass sich jemand um sie kümmert. Ewald macht aus dem Gebäude eine Art Festung mit der Kennzeichnung SPARTA. Er montiert eine Klingel und schärft den Kindern ein ein Codewort zu benutzen. Seinen Trieb beherrscht er indem er sich vergrösserte Fotos von den Kindern anschaut und ihre Körper auf dem Foto zart berührt.

Seidl hat über ein Jahr an diesem Film gearbeitet, er beginnt im regnerischen Herbst, es folgt der Winter mit Schnee und dann der Sommer, wo die Jungen alle in Badehosen herumtollen.

SPARTA wird von einem argen Wehrmutstropfen begleitet.

„Der Spiegel“ erhob gegen Seidl im Herbst 2022 erhebliche Vorwürfe, was die Dreharbeiten betraf und den Umgang der Kinder und ihren Eltern, die von ihm angeblich nicht über das Thema Pädophilie aufgeklärt wurden und ausgnutzt wurden. Das hatte zur Folge, dass Toronto die Premiere von SPARTA absagte. Auf dem Filmfest in Hamburg und San Sebastian lief er ohne Hindernisse. Seidl und die gesamte Crew bestritten diese Vorwürfe. Wer Seidls Filme kennt, weiss, dass er gerne ein Beobachter ist und seine Themen oft die Grenze des Erträglichen erreichen.

Wenn man sich diesen Film jetzt genau anschaut und das tut man nach diesen Vorwürfen, enteckt man absolut nichts Anzügliches. Kein sexuelles angrapschen oder verbale sexualisierte Äusserungen. Sein Lieblingsjunge ist der schmächtige Octavius, dessen Vater eifersüchtig auf Ewald ist, zur Gewalt neigt, die Leute im Dorf aufhetzt und zusammentrommelt und Ewald aus dem Ort jagd. Deswegen auch die Verbarrikadierung mit dem Codewort und der Klingel.

Seidl hat in SPARTA ein sensibles Portrait eines verzweifelten Mannes gezeichnet, der täglich darum kämpft seinen Trieb in Schach zu halten und einen Kampf mit sich selbst führt. Was nicht unbedingt sein mußte und vielleicht einigen Zuschauern aufstoßen könnte, ist die Szene in der Ewald mit den Kindern zusammen duscht, sie haben alle Badehosen an und er ist nackt.

Ulrich Seidl: „Ich kann verstehen,wenn Leute nicht zu jeder Zeit in Stimmung sind, sich einen Film von mir anzuschauen. Ich versuche immer gesellschaftliche Prozesse und zwischenmenschliche Beziehungen in ihrer ganzen Komplexität darzustellen und darüber auch vereinfachende Zuschreibungen, angelernte Gemeinplätze und klischeebeladene Abbildungen und Charakterisierungen herauszufordern und zu hinterfragen. Das ist für das Publikum manchmal auch schmerzhaft. Jedenfalls sehe ich meine Aufgabe als Filmautor nicht darin, Erwartungshaltungen zu erfüllen und Unterhaltung anzubieten, sondern möchte von der menschlichen Erfahrungin ihrer ganzen Widersprüchlichkeit erzählen.“

Quelle: Programmheft des Filmkunst 66. So zurückgenommen und nachdenklich habe ich Georg Friedrich noch nie eine Rolle spielen sehen. Eine tolle Leistung. So zurückgenommen und nachdenklich habe ich Georg Friedrich noch nie eine Rolle spielen gesehen. Eine tolle Leistung.

Das Thema wurde in dem Drama KOPFPLATZEN mit Max Riemelt vor einiger Zeit auch schon aufgegriffen.

Österreich/Rumänien 2022; 99 Min.; R: Ulrich Seidl; D: Georg Friedrich, Hans Michael Rehberg, Florentina Elena Pop.

LIVING – EINMAL WIRKLICH LEBEN (TRAGIKOMÖDIE, nach einem Remake von Kurosawas „Ikiru“. Hauptdarsteller, Bill Nighy erhält seine erste Oscar – Nominierung Kinostart: 18.5.2023

1953. Jeden Morgen steigt Mr. Williams (Bill Nighy) perfekt gekleidet, Hut, Krawatte, Anzug, in den Morgenzug und fährt zu seinem Arbeitsplatz ins Bauamt, in London. Dort geht alles seinen behördlichen, ziemlich verkrusteten Gang. Ein junger, neuer Kollege (Alex Sharp) staunt nicht schlecht über die altmodischen Verfahrensweisen. Mr. Williams ist so etwas wie ein Bilderbuchbürokrat, der ein strenges Leben führt.

Als er von seinem Arzt erfährt, dass er unheilbar an Krebs erkrankt ist, spürt dieser perfekt funktionierende Mann instinktiv, dass er jetzt oder nie, etwas in seinem Leben ändern muss. Nicht umsonst nennt ihn eine junge Mitarbeiterin (Aimee Lou Wood), die die Stelle wechselt, „Mr.Zombie.“ Mr. Williams weiß aber nicht wie.

Das Erste, was er macht, er erscheint nicht mehr zur Arbeit und er verschenkt seine Schlaftabletten.

Statt ins Büro, geht er auf den Rummel. Dort lädt er spontan seine Ex-Kollegin ein. Es ist gar nicht so einfach, dem Leben plötzlich Freude und ein wenig Spaß abzuringen.

„Living – Einmal wirklich Leben“ ist ein Remake von Akira Kurosawas Filmklassiker“Ikiru“ von 1952. Kurosawa bezog sich damals auf ein Werk des Russen Leo Tolstoi „Der Tod des Iwan Iljitsch“, aus dem Jahr 1856.

Regisseur Oliver Hermanus, schnappte sich den Drehbuchautor und Nobelpreisträger Kazuo Ishiguro, der mit viel Feingefühl das Drehbuch zu diesem Film schrieb. Ihm ist es gelungen, dem großartigen Hauptdarsteller Bill Nighy eine Rolle, wie einen perfekten Maßanzug, auf den Leib zu schreiben. Nighy, der viel in Nebenrollen zu sehen ist, erhielt für die Rolle vom eingefleischten Bürohengst, der fortschrittliche Projekte eher verhinderte als sie zu fördern, umdenkt und begreift, dass es seine letzte Chance ist, etwas von Dauer zu errichten, seine erste Oscarnominierung. Er erinnert sich an ein Gesuch mehrer Mütter, die um den Bau eines Spielplatzes auf ihrem trostlosen Hinterhof baten. Mit aller ihm noch zur Verfügung stehender Kraft, setzt er sich nun dafür ein. Es ist ein Genuss, diesem begnadeten Schauspieler bei seinem schlichten und zurückgenommenen Spiel zuzusehen, wie es ihm gelingt sich doch noch von seinem versteinertem Leben zu lösen. Nicht nur der Film, der so einiges über das Leben aussagt ist ein Grund ins Kino zu gehen, sondern der Schauspieler Bill Nighy.

GB/ Japan/Schweden2022; 102 Min.; R: Oliver Hermanus; D: Bill Nighy, Alex Sharp, Aimee Lou Wood, Tom Burke, Zoe Boyle.

DIE LINIE (Emotionales Drama. Eine Frau zwischen Zerbrechlichkeit und schmerzhafter Wut) Kinostart: 18.5. 2023

Das Verhältnis zwischen der 35-jährigen Musikerin Margaret (Stéphanie Blanchoud) und ihrer Mutter Christina, einer selbstverliebten Pianistin ( Valeria Bruni Tedeschi) ist seit Jahren zutiefst gestört. Eine unbedachte, verletzende Bemerkung, ist der Auslöser für Margarets Wutanfall zu Beginn des Films. Schallplatten, CDs, Notenblätter fliegen in Zeitlupe zu den Tönen von Bach und Schubert gegen die Wand. Eine schallende Ohrfeige führt dazu, dass die Mutter gegen ihr Piano knallt und einen Hörschaden davon trägt. Für eine Solopianistin eine Katastrophe.

Margaret ist in der Vergangenheit schon häufiger durch Gewalttätigkeit aufgefallen, ein Grund, warum die Liebesbeziehung zu ihrem Freund gestört ist.

Die Polizei rückt an. Da sie sich nicht beruhigt, wirft man sie gewaltsam aus dem Haus, in den Schnee. Sie wird verhaftet. Das Urteil lautet: Sie darf sich nicht mehr näher als 100 Meter zu dem Haus ihrer Familie bewegen und das drei Monate lang. Sie darf noch ein paar Sachen von sich einpacken und kommt zum Glück bei ihrem Freund unter, mit dem Versprechen, nicht mehr auszurasten und sich zu prügeln.

Das Verbot, stärkt nur das Verlangen und die Sehnsucht, bei ihrer Familie zu sein. Sie will sich entschuldigen und sehnt sich nach einer Aussöhnung.

„Die Linie“ seziert das gestörte Verhältnis einer egomanischen Mutter zu ihren drei Töchtern, wobei Margaret besonders leiden musste, weil sie unerwünscht war.

Da Margaret sich verbotenerweise immer wieder dem Haus nähert, zieht ihre kleine Schwester, die 12-jährige Marion (Elli Spagnolo) eine breite blaue Linie um das Haus der dysfunktionalen Familie, die Margaret nicht überschreiten darf. Es vergeht kein Tag, an dem Margaret nicht an der Linie auftaucht. Tief in ihrem Innereren wünscht sie sich die Akzeptanz ihrer egoistischen Mutter. Die Linie wird zu einem Symbol für die Barriere zwischen Mutter und Tochter. Margaret trifft sich mit Marion, um mit ihr das Singen für ihren Auftritt beim Cäcilienfest zu üben. Sie bringt ihre Gitarre mit und das Mädchen singt draussen im Freien. Sie muss das Singen üben, denn sie leidet unter Asthma. Marion leidet ebenso unter den Verhältnissen zu Hause und bittet Gott im Gebet, dass ihre Mutter endlich die Liebe ihres Lebens findet. Die hat einen bedeutend jüngeren neuen Freund, Hervé. Die kleine Marion weiss nicht so recht, wie sie mit ihm umgehen soll. Margaret ist entsetzt, dass ihre Mutter Marion einfach 3 Tage lang allein zu Hause gelassen hat. Es gibt noch eine dritte Schwester, Louise (India Hair) die ist schwanger und bringt Zwillingsmädchen zur Welt, wohnt aber nicht mehr daheim. Die Schweizer Regisseurin Ursula Meier (HOME, WINTERDIEB) hat mit Hauptdarstellerin Stéphanie Blanchoud das Drehbuch zu diesem Drama geschrieben, in dem es um Musik und psychische wie körperliche Gewalt geht. Wie egozentrisch die Mutter tatsächlich ist zeigt sich im Laufe der Handlung, wenn man genau hinhört und hinsieht, wobei der Höhepunkt ihres toxischen Verhaltens der Weihnachtsabend ist. Margaret steht draussen in der Kälte mit ihren Geschenken und die Mutter denkt nicht daran rauszugehen und mit Margaret ein paar Worte zu wechseln. Die beiden Schwestern reden auf sie ein. Christina geht endlich raus, beide Frauen starren sich an, Christina dreht sich um und geht wieder. Erst jetzt erfährt Margaret, dass sie Schuld daran ist, dass ihre Mutter ihr Gehör auf einem Ohr verloren hat und den Flügel verkauft hat. Sie tobt vor dem Fenster und bittet flehentlich um Verzeihung. Man lässt sie nicht herein. Marion betet wieder um Frieden. Sie hat unter den familiären Spannungen am meisten zu leiden. Meier hat ein wunderbares Talent, Verhaltensweisen anzudeuten und subtil darauf hinzuweisen. Emotional „laute Szenen“ sieht und hört man nur am Anfang des Dramas.. Gegen Ende erleben wir eine Margaret voller Zerbrechlichkeit und Zärtlichkeit, Emotionen , die im Gegensatz zu ihren Gewaltausbrüchen stehen. Sie singt am Heiligen Abend ein wunderschönes Lied, dass ihre Nähe zu ihrem Freund wieder herstellt, Zeilen, die vielleicht ein Trost für sie sind, wenn das überhaupt bei dem Schmerz, den die Mutter bei ihr ausgelöst hat, möglich ist. Die drei Monate sind vorbei. Marion schrubbt die Linie wieder weg.

Schon allein wegen der großartigen Schauspielerinnen, besonders Stéphanie Blanchoud (Beste Schauspielerin) und die hinreissende Elli Spagnolo (Beste Nebendarstellerin) Schweizer Filmpreis 2023, Bestes Drehbuch, Nominierung: Bester Film, lohnt es sich den emotionalen Film anzuschauen.

Das einzige Verbindende der Figuren ist die Liebe zur Musik. Christina liebte das Klavier, Margaret ihr Gitarre und die kleine Marion, die eigentlich schon eine ganz „Große“ ist, ist es das Singen.

OT: La ligne; CH/F/B 2022 101 Min.; R: Ursula Meier; D: Stéphanie Blanchoud, Valeria Bruni Tedeschi, Elli Spagnolo