Eine attraktive Frau (Béatrice Dalle), es könnte eine Prostituierte sein, geht am Strassenrand hin und her. Ein Lkw-Fahrer stoppt. Steigt aus.Schnitt.
Ein farbiger Motorradfahrer sieht den leeren Lkw, hält an, entdeckt auf einer Wiese die Frau, blutüberströmt und verstört, ein Stück weiter liegt der brutal zugerichtete Lkw- Fahrer. Er ist tot.
Bei dem Motorradfahrer handelt es sich um den Wissenschaftler Léo Semeneau (Alex Descvas) und bei der Frau, um seine Ehefrau Coré.
Der Amerikaner Shane Brown (Vincent Gallo) und seine frisch angetraute Frau June (Tricia Vessey) reisen mit dem Flugzeug nach Paris, um ihre Flitterwochen dort zu verbringen. Schon im Flugzeug sieht man, dass beide sehr verliebt ineinander sind. Je mehr die beiden turteln, desto nervöser wird Shane. Er verschanzt sich in der Flugzeugtoilette, gequält von einer fürchterlichen Vision seiner blutüberströmten, toten Frau June.
June ahnt nicht, dass Shane eigentlich in Paris auf der Suche nach seinem verschollenen Kollegen Léo ist, der bei misslungenen Expeimenten in Afrika Wesen erschaffen hat, die bei der „Paarung“ ihren Partner*in töten und verspeisen. Auch Léos Frau Coré wurde zum Opfer dieser Experimente. Seitdem hat sie ihre Libido nicht mehr unter Kontrolle und es treibt sie des Nachts los, um diesen quälenden Trieb zu befriedigen. Léo macht sich dann auf die Suche nach ihr, verwischt ihre Spuren und bringt sie zurück nach Hause. Obwohl er sie in dem gesicherten Haus von der Außenwelt abschottet, gelingt es ihr doch immer wieder, sich zu befreien, um ihrem Trieb nachzugehen. Shane, sein damaliger Mitarbeiter wurde auch zum Versuchsobjekt, kann aber mithilfe von Medikamenten seinen Trieb etwas zügeln. Doch die Angst, dass auch seine geliebte June Opfer der Experimente und er womöglich der Mörder seiner Frau werden könnte wenn er mit ihr schläft, läßt ihm keine Ruhe.
Er muß Léo finden, den Verursacher seines Leidens und hoffentlich auch Erlöser. Auch Coré, die zu einem blutsaugenden Vampir mutiert ist und die damals seine Geliebte war, will er finden.
„Ich will nicht mehr warten. Ich will sterben“, sagt sie zu Léo, als er wieder mal das Blut von ihrem Körper wäscht. Ihr ist wohl bewußt, daß sie sehr krank ist.
Claire Denis wählt für ihren Erotik-Thriller eine reduzierte kunstvolle Bildsprache und wählt für die einzelnen Geschehnisse eine betonte Langsamkeit, was zur Folge hat, daß kleine Gesten, besondere Blicke und Verunsicherungen einen um so größeren Stellenwert bekommen. Shanes ansteigende Nervosität und die Qual der Unterdrückung wenn er neben der friedlich schlafenden June leise zu seinen Pillen greift, eine Zigarette raucht und um ihr nicht weh zu tun, seine sexuellen Gelüste versucht zu unterdrücken, ist man ihm als Zuschauer ganz nah. Auch den inneren Kampf den er mit sich ausficht, wenn das zarte Zimmermädchen aufkreuzt und mit ihr seine sexuelle Versuchung und um dieser nicht zu unterliegen, seine gesamte Kraft dagegen aufbringen muss und letzlich dennoch scheitert, zeigt die toxische Verbindung zwischen Sex und Blutrausch Die tiefsten Verbindungen zwischen den Charakteren entstehen aus der Stille. June beobachtet wie er sich in der Dusche das Blut vom Körper spült.
Oder die Sequenz in der die zwei Nachbarsjungen in das Haus einbrechen, weil sie sich von Coré sexuell angezogen fühlen und einer von ihnen ihrer Vampierattacke zum Opfer fällt und sie danach die Wände mit Blut verschmiert und blutüberströmt, weinend die Treppe hinuntergeht.
Denis Film lehnt sich an die Motive des Vampirismus an, einem Body-Horror von sexuellen Blutgelüsten gesteuert und meistens für den Sexpartner*in tödlich endet. Untermalt wird der Thriller über die Last der Libido und die besondere Erotik des Blutrausches, die den Sex zu einer regelrechten Abschlachtung des jeweiligen Geschlechtes macht, von dem coolen Kammer-Pop der Tindersticks.
„Trouble Every Day“ ist ein Genre-Klassiker und wird 2022 über 20 Jahre nach seiner Weltpremiere auf den Filmfestspielen in Cannes erstmalig in den deutschen Kinosaufgeführt in einer neuen digitalen 4K-Restaurierung.
Time Out Magazine: „ Es ist June, die als die gebrochene Seele des Films endet- so geliebt, dass sie nie wieder jemanden begehren kann und- das ist wohl die erschreckende Offenbarung von TROUBLE EVERY DAY- sich dessen nur zu bewusst ist.“
F 2001; 101 Min; Regie & Drehbuch: Claire Denis, Jean-pol Fargeau, Kamera: Agnès Godard, Musik: Tindersticks, Darsteller*innen: Vincent Gallo, Tricia Vessey, Béatrice Dalle (Betty Blue-37,2 Grad am Morgen), Alex Descas, Florence Loiret-Caille, Nicolas Duvanchelle